Professor Dr. Bertrand Piccard
Der international bekannte Schweizer Arzt und Ballonfahrer Professor Dr. Bertrand Piccard betrachtet die Wissenschaft als ein Abenteuer und erforscht dabei die Möglichkeiten, Grenzen zu verschieben. Dabei gibt er sich nie mit dem Ergebnis zufrieden, sondern sucht stets neue Erfahrungen zwischen den Extremen. Diese Haltung bestimmt auch sein weltweites Engagement in der 1999 gegründeten Stiftung "Winds of Hope", deren Ziel es ist, wenig bekannte Krankheiten in das Licht der Weltöffentlichkeit zu rücken. Dazu unterstützt Piccard internationale Hilfsorganisationen, um den Krankheiten vorzubeugen, Betroffenen zu helfen und sie, wenn möglich, zu heilen. In besonderem Maße und äußerst erfolgreich engagiert er sich im Kampf gegen Noma, eine Erkrankung, die zu einer raschen Zerstörung größerer Anteile der Mundhöhle und des Gesichts führt und deren Vorstufe meist eine Zahnfleischentzündung ist.
Bertrand Piccard wurde 1958 in Lausanne (Schweiz) in eine bekannte Familie von Forschern und Wissenschaftlern hineingeboren. Sein Großvater August war Professor für Physik und unter anderem mit Albert Einstein und Marie Curie befreundet. Er ebnete mit seinen Erfindungen den Weg für die moderne Fliegerei und die Eroberung des Weltraums. Sein Enkelsohn ist der Fliegerei bis heute verbunden. Er zählte als Jugendlicher zu den Pionieren des Fliegens mit Ultraleichtflugzeugen und erforschte das Fliegen in all seinen Formen. Im März 1999 gelang es ihm gemeinsam mit Brian Jones, die Welt als erster in einem Ballon ohne Zwischenlandung zu umrunden. Zurzeit bereitet Piccard eine Erdumrundung in mehreren Etappen in einem Segelflugzeug mit Solarantrieb vor.
Der 49-jährige Doktor der Psychiatrie ist verheiratet und Vater von drei Kindern.
Kampf von "Winds of Hope" gegen Noma
An Noma erkranken fast ausschließlich unterernährte Kinder in Entwicklungsländern, die unter schlechten hygienischen Bedingungen leben. Die Krankheit verläuft in drei Phasen und zerstört Gesichts- sowie Knochengewebe. Unbehandelt verläuft Noma in 85% der Fälle tödlich. Der Kampf von "Winds of Hope" gegen Noma findet vor allem im Bereich der Prävention statt. In enger Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), internationalen Hilfsorganisationen und den Regierungen der betroffenen Länder entwickelt man Präventionsprogramme und setzt diese in der Bevölkerung um:
Hygiene und Ernährung der Menschen werden verbessert, nationale Programme für Mund- und Zahngesundheit unterstützt und operationelle Forschung in diesem Bereich entwickelt. Im Jahr 2000 wurde das Präventionsprogramm in Niger als Pilotland erstmalig installiert. Es folgten die westafrikanischen Länder Benin, Burkina Faso und Mali. Inzwischen wurde beschlossen, die Unterstützung auf Togo und den Senegal auszudehnen. Parallel zu diesen Aktivitäten berief die Stiftung 2002 den ersten Runden Tisch in Europa zur Bekämpfung von Noma ein. Daran nahmen die Schweiz, Frankreich, Großbritannien und Deutschland mit verschiedenen Organisationen und auf Noma spezialisierten Chirurgen teil. Inzwischen findet diese Konferenz jährlich statt. Zudem wurde vor vier Jahren auf Anstoß der Stiftung die internationale Vereinigung "No-Noma" in Genf gegründet.
"Winds of Hope" setzt das gesamte Spendenaufkommen direkt vor Ort ein. Das ist möglich, weil die Partner der Stiftung sämtliche Betriebskosten übernehmen.
Apollonia-Preis
Die Apollonia zu Münster - Stiftung der Zahnärzte in Westfalen-Lippe hat sich mit Professor Bertrand Piccard für einen Preisträger entschieden, der mit großem Engagement dafür kämpft, einer lebensbedrohlichen Krankheit durch effektive Präventionsprogramme Einhalt zu gebieten. Piccard setzt seine Popularität bei unzähligen sportlichen Aktivitäten und Treffen mit Politikern sowie Unternehmen ein, um die noch immer kaum bekannte Krankheit Noma in das Licht der weltweiten Öffentlichkeit zu rücken.
Aufgrund der ätiologischen Nähe zur Gingivitis als vermutete Vorstufe von Noma sieht sich die Zahnärzteschaft auch fachlich in besonderem Maße verpflichtet, die Prävention zu unterstützen.
Schon 2005 bot sie der Stiftung "Winds of Hope" eine öffentliche Plattform, als Piccard - damaliger Festredner des 51. Zahnärztetages Westfalen-Lippe - über Noma berichten konnte. Spontan erklärte sich der Tagungspräsident Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner bereit, erkrankte Kinder an der Klinik seines Lehrstuhls in Mainz zu operieren.
Mit der Auszeichnung eines international bekannten Arztes, Wissenschaftlers und Sportlers wird die Botschaft der weltweiten Prävention zur Gesundheitsförderung verstärkt. Jede öffentliche Würdigung des Engagements und Darstellung der Krankheit Noma kann helfen, Kinder in den ärmsten Regionen der Welt vor entsetzlichem Leiden zu bewahren. Mit der jährlichen Verleihung des Apollonia-Preises wird deutlich:
Umfassende Präventionsmaßnahmen für Zahn- und Mundgesundheit sind eine unverzichtbare Voraussetzung für die Allgemeingesundheit und mitunter sogar für das Überleben der Menschen.
Noma - das Gesicht der Armut
Die Entstehung von Noma ist wissenschaftlich noch nicht exakt geklärt. Es lässt sich jedoch eine fast lückenlose Kette von Indizien erkennen, woraus sich Ursache und Verlauf beschreiben lassen. Obwohl Noma heute fast ausschließlich in tropischen Regionen vorkommt, ist sie keine Tropenkrankheit. So war sie z. B. im vergangenen Jahrhundert auch in Deutschland anzutreffen. Als Risikofaktoren gelten Armut, Unterernährung, schlechte Mundhygiene, unzureichende sanitäre Verhältnisse und zusätzliche Infekte, vornehmlich Viruserkrankungen. Der Ausbruch von Noma muss daher als multifunktionelles Geschehen betrachtet werden, bei dem mikrobiologische, nutritive und hygienische Aspekte von Bedeutung sind.
Noma beginnt meist relativ harmlos mit einer Gingivitis. In der zweiten Phase bilden sich harte Knoten in den befallenen Mundregionen. In der dritten Phase führt die gestörte Blutversorgung zu fortschreitenden Gewebs- und Knochennekrosen. Das Gesicht verfärbt sich schwarz, das Gewebe löst sich auf und neben riesigen Löchern in den Wangen werden manchmal auch der Kiefer, die Wangenknochen und die Augenhöhle zerstört. Dies kann zur Beeinträchtigung aller körperlichen Funktionen wie Essen, Sprechen, Riechen und Hören führen. Viele betroffene Kinder verhungern.
Im Frühstadium kann Noma mit Antibiotika behandelt werden. Bei fortgeschrittener Krankheit sind Operationen notwendig, um Entstellungen und andere Formen, wie Kiefersperren, zu korrigieren. Das ist in vielen Entwicklungsländern jedoch nicht möglich, da die finanziellen Mittel fehlen. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich rund 100 000 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren an Noma. Bei den Überlebenden hinterlässt die Krankheit unvorstellbare Verstümmelungen.
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